Vortrag von Ulrich Cramer
Herr Cramer stammt aus dem Haus und hat seine Jugend hier verlebt. Den Vortrag hat er im Oktober 2020 im Werdumer Hof gehalten.
Im Harlinger Heimatkalender 2014 wird über die Burg Edenserloog und deren Besitzer berichtet. Erwähnt und abgebildet ist der, in der Burg befindliche, Fayence-Kachelofen von 1737. Da dieses Kunstwerk nie der Öffentlichkeit zugänglich war, ist das Interesse groß, mehr darüber zu erfahren. Zudem sind die verwendeten Bibelmotive aus dem Alten Testament äußerst künstlerisch gestaltet. Da wir in unserer Region bedeutende Zeugnisse der Fayence-Bibelfliesen haben,- ich möchte auf den Sielhof in Neuharlingersiel und die Veröffentlichungen des Norder Bibel-Teams und an das Schlossmuseum in Jever mit seiner Bibelfliesen-Austellung hinweisen- , ist über Fayence-Bibelkacheln wenig bekannt.
Die erste Hälfte des 18. Jahrhundert war die Blütezeit der Fayence-Fliesen. Wer das Geld dafür hatte, verkleidete seine Wohnung, Küche und Kamin mit Fayence-Fliesen. Bevorzugtes Motiv waren Bibelszenen wie z.B. in der Phillipsburg zu sehen.
Wer sichs leisten konnte installierte wahre Fayence-Kachelofen- Kunstwerke in Schlössern und Burgen. 1748/49 ließ der französische Marschall Graf Moritz von Sachsen 4 hohe Kachelöfen in seinen Wohnsitz, das Schloss Chambord an der Loire, einbauen. Diese wurden vom Töpfermeister J.M. Schmidt in Danzig angefertigt. Irrtümlich als Meißener Porzellan bezeichnet, in Wirklichkeit ist es aber Fayence. Diese 4 Fayence-Kachelöfen des „Danziger Typs“ sind wohl die bekanntesten Exemplare. Ein ähnliches Exemplar befindet sich im Schlossmuseum in Malbork. Ein schönes Exemplar der Schweizer Fayence-Turmöfen befindet sich im Museum für Geschichte in Zürich aus der Manufaktur Pfau & Graf in Wintherthur mit Szenen aus der griechischen Mythologie. Ein weiteres Exemplar der Schweizer Fayence-Turmöfen befindet sich im Züricher Museum für Wohnkultur, gefertigt vom Obmann der Züricher Hafner Leonhard Locher (1695 – 1766).
Das aber wohl schönste Exemplar eines Fayence- Kachelofens steht in der Burg Edenserloog , der ätesten, noch bewohnten Burg des Harlingerlandes. Es ist ein Delfter- Fayence- Kachelofen mit Motiven aus dem Alten Testament. Um 1700 wurde der älteste Teil der Burg erneuert durch den letzten Häuptling, Alexander v. Werdum zu Inhausen & Roffhausen, gestorben 1713. Dabei blieb der spätgotische Kamin im Südzimmer erhalten. Im dahinter liegenden Saal wurde 1737 von seiner Tochter Catharina Elisabeth Gisbertha und ihrem Ehemann der Delfter-Fayence-Kachelofen eingebaut. Bereits 1710 heiratete die letzte Freifrau v. Werdum zu Inhausen & Roffhausenden den Freiherrn und Chur- Pfälz. Kammerherr und Obrist Leutnant Wilhelm Mordio v. Bottlenberg, gen. Kessell. Er entstammt einer alten Berghischen Adelsfamlie auf Schloss Hackhausen in Solingen-Ohligs. Seine Mutter kommt aus Schloss Baldeney bei Essen. Beide Schlösser können noch heute besichtigt werden. Er liebte schöne Künste und war ein gelehrter Mann der sich auch deswertvollen Werdumer Archives annahm.
Der Edenserlooger Kachelofen ist ein Musterbeispiel der Delfter-Fayence-Kacheln. Im Vergleich zu Delfter-Fliesen (13 x 13 cm groß) sind Delfter-Kacheln, wie sie bei Verwendung bei Öfen heißen, größer (25 x 29 cm). Delfter-Fliesen wurden massenhaft hergestellt, während Delfter-Kacheln meistens Einzelstücke sind, oder es handelt sich um eine limitierte Auflage.
Im Gegensatz zu Bibelfliesen, mit denen sich besonders das Norder-Bibelfliesen-Team und das Schlossmuseum in Jever mit einer Ausstellung beschäftigt, ist wenig über Bibelkacheln in „Delfter-Blau“ bekannt. Um so wertvoller ist der Kunstschatz in der Burg Edenserloog. Mitte der 1970er Jahre wurde der Kachelofen vom Frauenhofer Institut auf seinen Zustand untersucht und eine Restaurierung wurde durchgeführt. Jede einzelne Kachel wurde neu prepariert und ihr Bestand gesichert. Der Ofen wurde komplet demontiert und einerhalb eines ¾ Jahres wieder neu aufgebaut. Die Fotos zeigen das Ergebnis der Restaurierung. Der Bestand ist für die Zukunft gesichert. Bei der Restaurierung kamen Zeitungen zu Tage, die als Isoliermaterial benutzt wurden. Die Zeitungen stammen aus den Jahren 1935 und 1936 als der damalige Besitzer der Burg, Herbert Cramer, die Burg und den Kachelofen schon einmal, mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln, sanierte. Als Kind kann ich mich daran erinnern, daß der Kachelofen Weihnachten 1941 zuletzt angemacht wurde. Danach war es nur noch ein Schaustück.
Den kompletten Vortrag können Sie sich hier als pdf-Datei herunterladen: